Sinn oder Unsinn, das ist hier die Frage
Wie jedes Jahr erschien vor ein paar Tagen in der Presse der sogenannte „Wahrsagercheck“ der Skeptikervereinigung „GWUP“. Persönlich empfinde ich das zum einen als lustig, zum anderen macht es mich betroffen.
Die Mitglieder dieser Vereinigung suchen gezielt nach Vorhersagen, die nicht eingetroffen sind. Jedoch verweigerte diese Organisation dem US-amerikanischen Astrologen Robert Zoller die Anerkennung für seine detaillierte und sehr gut dokumentierte Voraussage der Anschläge des 11.09.2001.
Begründet wurde dies damit, dass er zwar das genaue Datum, nicht aber den genauen Ort nannte, sondern von der Ostküste der USA sprach. New York und Washington finden sich zwar an der Ostküste, diese sei aber mehrere tausend Kilometer lang und daher die Aussage zu vage.
Wirklich betroffen machen mich jedoch weniger die Skeptiker, sondern viele Astrologen, die Vorhersagen veröffentlichen. Da werden aufgrund von Transiten die abstrusesten Horrorszenarien vorhergesagt, die glücklicherweise nie eingetroffen sind.
Ein ganz aktuelles Beispiel ist der tragische Unfall des Michael Schumacher – und der Umgang damit.
Abgesehen davon, dass man in Zweifel ziehen kann, ob es für seriöse Astrologen ethisch vertretbar ist, in solch ungeklärten und für Familie und Freunde extrem belastenden Situationen sofort öffentlich Vermutungen anzustellen, entbehrt eine astrologische Untersuchung in diesem Fall ihrer Grundlage: die Geburtsuhrzeit, ohne die die Deutung eines Horoskops nicht möglich ist, ist unbekannt.
Es kursieren unterschiedliche Zeiten, die entweder durch handwerkliche Korrektur oder durch unbekannte Methoden zustande kamen – keine ist annähernd gesichert.
Da sehr viele Menschen am 03.Januar 1969 auf unserem Planeten geboren wurden, stellt sich die Frage, was diesen am 29.12.2013 passierte. Bis auf den Ekliptikgrad des Mondes finden sich bei allen die gleichen Planetenstände innerhalb eines Grades bis hin zu wenigen Bogenminuten.
Um einen Bogengrad zu durchschreiten, benötigen
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· Sonne, Merkur und Venus = ca. 1 Tag
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Jupiter ca. 7 Tage
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Saturn ca. 15 Tage
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Uranus, Neptun und Pluto können bis zu mehreren Wochen innerhalb eines Bogengrads verweilen.
Zieht man diese Tatsache sowie die üblichen Orben mit hinzu, vervielfacht sich die Zahl der Menschen, die von den sogenannten Unfalltransiten betroffen sind.
Oft wird das Horoskop des Augenblicks gedeutet; abgesehen davon, dass der Unfall ca. 15 Minuten früher stattfand, als zunächst angegeben, muss ein Ereignishoroskop zwingend im Kontext des entsprechenden Geburtshoroskops betrachtet werden. Diese elementare Regel beantwortet die Frage, warum die anderen vielen Tausend Menschen, die sich zur selben Zeit in der selben Gegend aufhielten, nicht verunglückten.
Das scheinen die Astrologen, die sehr schnell mit ihren Analysen an die Öffentlichkeit gingen, entweder nicht zu wissen oder aus anderen Gründen (Selbstdarstellung?) unter den Tisch fallen zu lassen.
Oft sind es gerade diese Kollegen, die sich beklagen, dass Astrologie in der Gesellschaft keine Anerkennung erfährt, bzw. von bestimmten Leuten ins Lächerliche gezogen wird. Hilfreich wäre hier schon Zurückhaltung mit öffentlichen Deutungen, insbesondere wenn diese auf unsicheren Angaben oder gar nur Annahmen beruhen.
Astrologische Arbeit dieser Manier spielt den sogenannten „Skeptikern“ genau die Bälle zu, die sie brauchen, um ihre Philosophie zu untermauern.
Für mich bleibt ein bitterer Geschmack, denn es gibt zahlreiche Astrologen, die intensiv forschen und sehr saubere Arbeit leisten. Man wird aber nie erleben, dass diese eine Deutung ohne gesicherte Geburtsuhrzeit abgeben - und ausgesprochen selten, dass sie sich öffentlich auf persönliche Katastrophen stürzen und respektlos drauflosdeuten, um bei einem sensationslüsternen Publikum Aufmerksamkeit zu erregen.
04.Januar 2014